Joachim Eders politischer Kampf für die Verdingkinder

03.02.2017

«Versorgt, verwahrt, verdingt – ein trauriges Kapitel Geschichte und seine politische Aufarbeitung»: Unter diesem Titel stand der Anlass «First Friday», der heute in der Stadt- und Kantonsbibliothek Zug stattfand und an dem SR Joachim Eder ein eindrückliches Referat hielt.

 

Dem zahlreichen Publikum wurde ein historischer Überblick sowie ein politischer Einblick in die Debatte rund um das Thema der Verdingkinder geboten. Referenten waren René Stalder, Dozent und Projektleiter Hochschule Luzern im Bereich soziale Arbeit, und Joachim Eder, FDP-Ständerat aus Unterägeri und Mitglied des Kern-Komitees der Wiedergutmachungsinitiative. 

 

 

Marc Benedetti, von dem auch die Foto stammt, schrieb im Online-Magazin zentralplus einen lesenswerten Bericht über den Informationsabend. Mit einem Klick auf das Bild ist er verfügbar.

 

Lesen Sie hier das Referat von Joachim Eder.

 

 

 

Kinder und Jugendliche wurden ihren Eltern entrissen, in Heime gesteckt, an Bauernhöfe verdingt oder in Erziehungs- und Strafanstalten administrativ versorgt. Opfer von staatlichen Zwangsmassnahmen wurden unter Druck gesetzt, einer Adoption, Sterilisation, Kastration oder einem Medikamentenversuch zuzustimmen. Verdingkinder wurden wie Sklaven für die Bauernhöfe versteigert. Oft kam es zu physischem, psychischem oder sexuellem Missbrauch. Diese Tatsachen passierten nicht irgendwo in anderen Ländern, sondern in der Schweiz. Unser Land arbeitet gegenwärtig ein schwieriges Kapitel ihrer Sozialgeschichte auf. Es geht um das Schicksal von Kindern und Jugendlichen, die vor 1981 von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen (FSZM) oder Fremdplatzierungen betroffen waren.

 

Die am 31.3.2014 lancierte Volksinitiative für finanzielle Wiedergutmachung (Wiedergutmachungsinitiative, WGI) verlangte einen Fonds von 500 Millionen Franken für die Opfer und die historische Aufarbeitung. Der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrates nahm diese Kernforderungen der Initiative auf, begrenzte aber die Entschädigung auf 300 Millionen Franken.  Ende September 2016 wurde der Gegenvorschlag zur Wiedergutmachungsinitiative vom Parlament verabschiedet; das Gesetz trat auf Anfang 2017 in Kraft.

 

Eders Beweggrund für den politischen «Frontkampf»

Ständerat Joachim Eder, von Anfang an im Kernteam der WGI, erklärte heute den Beweggrund für seinen Einsatz in dieser politischen Aufarbeitung: «Ein hohes Gut, wenn nicht das höchste Gut überhaupt, ist unsere Freiheit. Bei den Opfern von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen wurden diese persönliche Freiheit und Würde, zu der auch die körperliche Unversehrtheit gehört, massiv und über Jahre hinweg verletzt. Es wurde lange, zu lange weggeschaut! Heute müssen wir hinschauen und wiedergutmachen: es bleibt deshalb für den Staat und für die Gesellschaft die Verantwortung, ja die Verpflichtung, diesem Unrecht entschieden entgegenzutreten.»

 

Und dann zitierte er drei Passagen aus seinem Votum vom 15.09.2016 im Ständerat:

  1. Das, was an vielen Orten in unserem Land geschehen ist, war eine Geschichte der Armut, des Elends, der Ungerechtigkeit, der Behördenwillkür, der Missachtung der Menschenwürde
  2. Stimmen wir dem Gegenvorschlag zu, ist heute deshalb ein historischer Tag, nicht nur für die ehemaligen Verdingkinder und Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen, sondern für die Schweiz als Ganzes. Es ist ein Tag, auf den die Opfer jahrzehntelang gewartet haben.  
  3. Die finanzielle Wiedergutmachung ist im Zeichen der historischen Gerechtigkeit nötig, um eine Vergangenheitsbewältigung zu tätigen, welche diesen Namen auch verdient. 
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